Eine Lobby für Unternehmensgeschichte

-Unternehmensgeschichte hat keine Lobby – weder in der Wissenschaft noch in den Unternehmen

Ende der 1970-er und Anfang der 1980-er Jahre haben sich erste Erfolge in der unternehmensgeschichtlichen Forschung abgezeichnet. Unternehmensgeschichte besitzt seit 1976 eine wissenschaftliche Basis. Die Initialzündung dafür war die Gründung der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte e.V. in Köln durch Prof. Dr. Manfred Pohl.

Zur gleichen Zeit hat er als Leiter des Archivs der Deutschen Bank versucht, über die Vereinigung der Werks- und Wirtschaftsarchivare e.V. die Stellung der Historischen Archive in Unternehmen entscheidend zu verbessern und ihre Rolle im Unternehmen klar zu definieren. Bildlich gesprochen heißt das, sie aus dem Keller in die Top-Etagen zu holen.

Ab 1988 begann er die 125-jährige Geschichte der Deutschen Bank vorzubereiten und benutzte diese Vorbereitungsphase dazu, die Unternehmensgeschichte generell weiterzuentwickeln. Einen wichtigen Part in der Aufarbeitung der Geschichte der Deutschen Bank spielte die Zeit von 1933 bis 1945.

Bald zeigte sich, dass dieser Part einen gewichtigen Schwerpunkt in der Beararbeitung der Unternehmensgeschichte allgemein darstellte, denn die Diskussion um die Rolle der Unternehmen in der Zeit des Dritten Reiches fiel mit der von den „Jewish Claims“ geforderten Wiedergutmachung zusammen. Beides zwang die Unternehmen dazu, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen.

Somit wurde die Geschichte der Deutschen Bank mit ihrer interdisziplinären und internationalen Autorenschaft (Lothar Gall, Gerald D. Feldman, Karl-Ludwig Holtfrerich, Harold James, Wolfgang Büschgen) zu einem Beispiel der unabhängiger Forschung in dem Bereich der Unternehmensgeschichte. Aufgrund dieser von ihm angeregten und umgesetzten Forschung verfasste Prof. Dr. Manfred Pohl selbst in dieser Zeit zahlreiche Unternehmensgeschichten, in denen er die NS-Zeit in Unternehmen wissenschaftlich aufarbeitete.

Das 21. Jahrhundert: Unternehmensgeschichte muss sich neu aufstellen: Der Start in eine dritte Phase unternehmensgeschichtlicher Forschung

Mit der Erforschung der Geschichte der SAMSON AG von 1907 bis 2022 kristallisierte sich eine dritte Phase unternehmensgeschichtlicher Forschung heraus: Unternehmensgeschichte in Verbindung mit Unternehmenszukunft (siehe SAMSON: Die Transformation eines starken Unternehmens. Frankfurt am Main, 2022). Etwa 40 Prozent der Forschungsarbeit betrafen die Jahre 2015 bis 2022 und die Perspektive in die Zukunft. Die intensive Beschreibung neuer Ansätze und das Herausarbeiten zahlreicher Veränderungen in der Strategie des Unternehmens kennzeichnen diesen Teil der Forschung.-
Wie bekam die Unternehmensgeschichte eine Lobby?